Hooligans in Berlin – Antwort des SenInnSport auf parlamentarische Anfrage

Die Berliner Abgeordnete der Bündnis 90/Grünen, Clara Herrmann, stellte vor rund einem Monat eine schriftliche Anfrage an den Innensenat mit Bezug auf Hooliganismus. In der Anfrage geht es standardmäßig um die Anzahl der festgestellten Personen aus dem Bereich Kategorie B (gewaltbereit) und Kategorie C (gewaltsuchend), deren Aufteilung nach Vereinen und die Gruppenstrukturen rund um „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) und dem „Bündnis deutscher Hooligans“ (B.D.H.).

Dynamo auf dem Acker die Nummer eins?

Tabellarische Auswertung des Senats für Inneres und Sport © Screenshot

Tabellarische Auswertung des Senats für Inneres und Sport © Screenshot

Das Klischee wird seit Jahren bestätigt. Die schwersten Jungs hat der BFC Dynamo. Mit Stand 06.10.2015 hat die Landesinformationsstelle Sporteinsätze (LIS) der Polizei Berlin 125 Fuballfans der Kategorie C bei den Weinroten registriert. Das sind 50 % aller Hooligans in Berlin. Insgesamt hat der Bundesligist Hertha BSC die Nase beim Thema „Sportgewalt“ vorn mit 512 Einträgen (447 B/ 65 C), gefolgt vom BFC 465 (340 B/ 125 C) und dem Zweitligisten aus Köpenick, 1. FC Union 420 (377 B/ 43 C).

Doch in der Statistik finden sich auch kleinere Verein wieder wie der Landesligist Adlershofer BC und die Oberligisten von Lichtenberg 47, sowie Tennis Borussia Berlin. Über die Grenzen hinweg gibt es 39 Hooligans, meist der Kategorie B, von Vereinen anderer deutscher Städte. Aber auch im Hooliganismus ist Berlin international. Pogon Szczecin stellt immerhin 13 gewalttätige Berliner (8 B/ 5 C).

Die Datei ist nicht nur auf Fußball beschränkt. Selbst Fans vom Eishockeyklub Eisbären Berlin und den Basketballern Alba sind mit einem bzw. sieben Personen im Datensumpf vertreten. Daneben befindet sich ein gewalttätiger Fan des sächsischen Eishockeyklubs Weißwasser wieder und zwei Personen, denen kein Verein oder eine Sportart zugeordnet werden konnte.

„Bündnis deutscher Hooligans“ ohne Hooligans?

B.D.H.-Mitglieder am 02.05.2015 in Erfurt, rechts Gründer Enrico Schottstädt © Sören Kohlhuber

B.D.H.-Mitglieder am 02.05.2015 in Erfurt, rechts Gründer Enrico Schottstädt © Sören Kohlhuber

Spannend wird die Anfrage mit Bezug auf HoGeSa und B.D.H. Zwar hat die Berliner Polizei keine Kenntnis über HoGeSa-Strukturen, doch sie berichten von B.D.H. Laut der Antwort auf Frau Herrmanns Anfrage hatte das B.D.H. eine Personenstärke „im mittleren zweistelligen Bereich“, wobei es eine recht große Fluktuation gegeben haben muss. Interessant ist, dass also im Bereich der offenbar pi-mal-Daumen 50 Hooligans, nur zwei in die Kategorie B und nicht einer in der Kategorie C gelandet ist. Dies bestätigt ein langanhaltendes Gerücht, dass diese Personen gar keinen Bezug zu Hooliganstrukturen in Vereinen haben, sondern maximal prollige Fans sind.

Doch auch wenn sie offenbar nicht in der Datei gelandet sind, sind sie nicht ungefährlich. Zwei ihrer Mitgründer, darunter Enrico Schottstädt, sollen am 20.08.2015 einen Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Berlin-Marzahn begangen haben. Kurze Zeit später nahmen andere B.D.H.-Mitglieder dies zum Anlass die Berliner Sektion aufzulösen. Schottstädt zog sich ebenfalls aus, wie er sagte, persönlichen Gründen zurück und wurde wegen der vermutlich begangenen Tat von anderen Hooligans via Facebook angefeindet.

Christoph Sch. (Bildmitte, graues Shirt) auf einer Bärgida-Demo © Sören Kohlhuber

Christoph Sch. (Bildmitte, graues Shirt) auf einer Bärgida-Demo © Sören Kohlhuber

In ihrer kurzen aktiven Zeit konnte sie dennoch eine starke Vernetzung von extrem rechten Fußballfans erzielen. Bei einem Vernetzungstreffen im Januar nahmen mehr als 50 selbsternannten Hooligans, unter ihnen Patrick „Villain051“ Killat, teil. Zwar kam ein gewisser Teil aus Berlin, doch auch Gäste aus Rostock, Schwerin und Wolfsburg sollen dabei gewesen sein. Gleichzeitig konnte man auf Bärgida-Märschen mitlaufen und besonders der Bundesvorsitzende von Pro Deutschland, Manfred Rouhs, scheute die Zusammenarbeit mit den angeblichen Hooligans nicht. Dennoch taten sich auch hier Probleme auf: Bärgida-Anhänger kritisierten das Pöbeln der oft angetrunkenen Neonazis. Diese dagegen kritisierten Israelfahnen auf der Bärgida-Demo. Christoph Sch., bekannt als „der S-Bahn-Pinkler“, welcher am 22.August. 2015 auf Nicht-Deutsche Kinder uriniert haben soll, nahm ebenfalls als Teil der B.D.H.-Gruppe an mindestens einem Bärgida-Aufzug teil.

Die Crux mit der Datei

Die Antwort bzw. ihre Quelle, die „Arbeitsdatei Sportgewalt Berlin“, hat allerdings so ihre Tücken. So gibt es keine Erkenntnis mehr darüber, inwiefern eine Person Hooligan und Neonazis ist bzw. welchem Verein sie angehört. Aus „datenschutzrechtlichen Gründen“ wurden dieser „Merker“ entfernt. Es ist daher schwierig festzustellen bei welchem Verein es ein reales Problem mit rechten Gewalttätern gibt, weshalb dann auch nicht interveniert werden kann. Gleichzeitig gibt es das grundsätzliche Problem wie man in diese Datei gelangt, wie lange diese Datensätze vorhanden sind und auch ihre Aktualität kann angezweifelt werden.

In die 1998 angelegte Datei kommt ein Fan bereits, wenn ein polizeilicher Vorwurf gegen ihn erhoben wird. Es muss also keine Straftat oder Verurteilung vorliegen. So reicht es, dass die Person als „Gefahrverursacher“ eingetragen ist durch Kenntnisse der sog. „Szenekundigen Beamten“ (SKB). Die Eingetragenen werden nicht durch die Polizei informiert, können aber nach § 50 ASOG eine Auskunft verlangen. Gelöscht werden die Datensätze lt. § 48 ASOG nach frühestens 10 Jahren. Aber auch dies nur, wenn es keine neuen Einträge gibt – von denen der Fan nichts weiß und die eben nichts mit einem Strafverfahren zu tun haben müssen.

Link zur Antwort des Innensenats auf der Seite von Clara Herrmann: Hier

3 Antworten zu “Hooligans in Berlin – Antwort des SenInnSport auf parlamentarische Anfrage

  1. Apropos Hooligans: Was macht eigentlich der Fan, der von einem Nazikommunistenfascho mit MESSERSTICHEN verletzt wurde? Bild ist gar nicht mehr auffindbar und normalerweise folgt solchen Ereignissen doch ein wortgewaltiger Presse- und Blogblitz? Hoffe die Stichwunden sind verheilt und der Messerstecher gefasst?

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