Von Pegida zu Pegada – Enrico Naumann nicht mehr Anmelder bei MVgida

Droht der MVgida ein Rechtsruck? Diese Frage stellte sich der Nordkurier in Anbetracht der Tatsache, dass der Neonazi Enrico Naumann ankündigte, keine weiteren Demonstrationen für MVgida anzumelden und sich aus dem Organisationsteam zurückzuziehen. Doch ist Naumann tatsächlich so moderat, dass nun ein Rechtsruck drohen könnte?

Anmelder Enrico Naumann vermummt vor Demospitze © Hans Schlechtenberg

Anmelder Enrico Naumann vermummt vor Demospitze © Hans Schlechtenberg

Naumann gilt als Mitbegründer der MVgida und war Anmelder aller bisherigen Aufmärsche. Nahmen Anfangs noch mehr als 500 Menschen an den wöchentlichen Aufmärschen in Stralsund und Schwerin teil, so dezimierte sich die Zahl auf knapp 200 Teilnehmer in Rostock. Laut dem „Rechtsextremismusexperten“ Günther Hoffmann, galt Naumann als moderat in der Gruppe. Sein Ausscheiden würde also bedeuten, dass rechtere, radikalere Kreise das Ruder übernehmen. Naumann kritisiert, man habe die Bewegung von Anfang an „direkt in die ‚rechte‘ Schublade gesteckt“, was eine Intervention in die sog. „Mitte der Gesellschaft“ erschwerte. Er selber sehe sich nicht als Rechter, auch wenn er NPD-Mitglieder kenne. Doch beim „Kennen“ war es in der Vergangenheit nicht geblieben. Mindestens zwei Mal war Naumann auf NPD-Demonstrationen gesehen worden, wie Kenner der Neonaziszene berichten. Dabei fanden sich in seinem Umfeld Personen an, die heute Ordnertätigkeiten bei MVgida übernommen haben oder für die NPD kandidierten. Auch andere Teilnehmer der MVgida-Märsche sind seit mehr als einem Jahrzehnt Teil der rechten Subkultur und neonazistischen Infrastruktur. NPD-Aktivisten sprachen per Mikrophon zu den Teilnehmern und dirigierten sie. Bekannte rechte Gewalttäter aus Wismar (hier bei einem versuchten Angriff auf Antifaschisten 2006) fanden sich ebenso in der Demonstration ein, wie Aktivisten aus dem Spektrum der Verschwörungstheorie-affinen Montagsmahnwachen und anderer neurechter Verwirrter. So war im Laufe der Demonstrationen eine Verschiebung von Themen bei Fahnen, Transparenten und Schildern sichtbar. Ging es Anfangs um „Überfremdung“ und Asyl, gelangte auch der Ukrainekonflikt in den Fokus einzelner Teilnehmer. Russland-Fahnen sollten die Solidarität mit den imperialistischen Bestrebungen gegenüber dem ukrainischen Terretorium ausdrücken. Bereits zu Beginn des Ukraine-Konfliktes erklärte die NPD/Frank Franz, weshalb die NPD nicht zu Svoboda und Rechter Sektor, sondern auf Seiten der Seperatisten und Russen stehe. Wörtlich heißt es im Leitbrief 2014-02 vom 05.03.2014: „Das wiedererstarkende Rußland unter Präsident Putin ist derzeit die einzige „weiße“ Großmacht, die den liberal-dekadenten „westlichen Werten“ demonstrativ eine Absage erteilt“.

Russland- und Deutschlandfahnen in Stralsund © Sören Kohlhuber

Russland- und Deutschlandfahnen in Stralsund © Sören Kohlhuber

Auch andere rechte Splittergruppen, wie die Montagsmahnwachen, HoGeSa oder Querfrontaktivisten wie Jürgen Elsässer forcierten den Kampf gegen die USA und in Solidarität mit Russland. Eine Weiterentwicklung von HoGeSa und Pegida fand sich unter anderem in den Kundgebungen der Pegada/EnDgAmE (Patriotische Europäer gegen die Amerikanisierung Europas/Engagierte Demokraten gegen die Amerikanisierung Europas). In Orten wie Erfurt, Halle und Hannover marschierten mehrere hundert Menschen aus verschiedenen rechten Spektren auf, um gegen Nato und vor allem die USA zu marschieren. Von „links“ wie der Band Bandbreite und einzelnen verwirrten Linkspartei-Mitgliedern bis nach rechts zu Hogesa und Reichsbürgern reichte die Palette der Querfront.

Nun versucht sich Naumann in diese Gefilde einzuleben. Seine Entwicklung als Demonstrationsanmelder begann mit den Erfahrungen bei Hogesa in Hannover und dem Kontakt zu anderen Gida-Demonstranten, bspw. Kagida in Kassel. Kurz vor seinem Ausstieg bei MVgida soll er die Seite „MV.ge Kriegstreiber USA“ erstellt haben. Diese ist im Kontext der Erweiterung um die Themen Solidarität mit Russland und Agitation gegen den Westen und seine Werte zu sehen. Ob daraus auch eine neue Demonstrationswelle entsteht ist unbekannt. Naumann selber war am Montag das letzte Mal Versammlungsleiter bei MVgida. Auf der Seite der Orga kündigte er an, weiterhin an den Aufmärschen als Teilnehmer teilzunehmen.

2 Antworten zu “Von Pegida zu Pegada – Enrico Naumann nicht mehr Anmelder bei MVgida

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